In einer minimalistisch anmutenden Formensprache, setzt Vera Kox spielerisch Gegensätze subversiv ordnungsfreier Formen, die zwischen weich und hart, fließend und erstarrt, leicht und schwer als unbestimmte Zustände in Übergangsstadien liegen. Die Künstlerin geht in ihren Arbeiten Fragen nach den Grenzen des Mediums nach, die in den Skulpturen häufig nicht nur sichtbar, sondern oft auch physisch spürbar strapaziert werden.
Der Titel der Ausstellung »Persistent states, poached eggs«, kann als Gegenüberstellung zweier gegensätzlicher Bedingungen verstanden werden: dem »beharrlichen Zustand«, welcher in sich statisch und gefestigt ist, und dem Unbestimmten, am Beispiel des pochierten Eis; zwischen flüssig und fest in einem Zustand des Dazwischen erstarrt.
Fragen der Materialeigenschaft in Bezug zum eigenen Körper werden in der Videoarbeit suddenly compromi- sed (loop, 2014), einer Kooperation mit dem australischen Filmkünstler Sam Smith aufgeworfen. Hier wird eine plastisch-klebrige Substanz gehandhabt, welche die Künstler immer wieder neu mit beiden Händen kneten und auseinander ziehen bis die Konturen der Hand mit denen der Masse verschwinden. Vorstellungen von Kontrollverlust über das Material kommen darin zum Ausdruck, der an den feministischen Kontext in der Kunst der 70er Jahre anlehnt. Vera Kox nimmt hier Stellung zu einem der Ideengeber innerhalb dieser Debatte, Jean-Paul Sartre. In seinem Text L’Être et le néant, beschreibt er »das Klebrige« als eine abstoßende »Substanz zwischen zwei Zuständen«, in der Form und Material in einem Dazwischen aufgelöst sei. Die Annahme von Sartre wonach die Berührung mit dem Klebrigen, eine bedrohliche Auflösung der Person zur Folge habe, indem alles in einen Zustand der Ununterscheidbarkeit übergehe, wird hier spielerisch vorgeführt und hinterfragt, der physische Kontakt mit der Aussenwelt bejaht.
In der selbstreflexiven Komposition aus Abgüssen und Einschließungen von Luftpolsterfolien, Silicagel und anderen Aufbewahrungsmaterialien der aktuellen Perseverance series (2016), nimmt Vera Kox Bezug auf Beharrlichkeit und Ausdauer welche Fragen der Instandhaltung und Verwahrung von Materialzusammensetzungen der Skulpturen aufwirft. In Verpackungsmaterialien und von Licht und Feuchtigkeit geschützen Räumen, verbringen Kunstwerke meist nur einen Bruchteil ihres Daseins im Ausstellungskontext. Durch die Einbettung der Materialien und Oberflächen aus den Lagerhallen und Containern in die Skulpturen, erweitert Vera Kox das Verständnis und den Blick auf den Kontext ihrer Arbeiten: Die Skulpturen verbinden sich mit ihrer Umgebung, und sind auch aus ihr entsprungen: die Haut der Objekte nimmt die Form und Struktur ihrer Umgebung an.
Es sind Anpassungen von gegensetzlichen Ansprüchen und Anforderungen welche in Vera Kox’ Arbeit zusammentreffen und verhandelt werden: In den Instant series (2016) porträtiert Vera Kox die Ansprüche unserer Zeit: »Just add water« heißt es meist auf deren Verpackung, die Schnellkochsuppe entfaltet innerhalb weniger Minuten ihren vollen Geschmack und verwandelt sich in ein Geschmackserlebnis sondergleichen. Während über die Zutaten der verwendeten Materialien in Vera Kox’ Arbeit meist Schweigen herrscht um den Blick des Betrachters herauszufordern, wird hier die gesamte Liste an Zutaten preisgegeben und lässt anmuten wie hochartifiziell unsere Ernährung und alltäglich uns umgebenden Materialien sind.
Vera Kox hat 2010 ihren Master am Goldsmiths College in London absolviert, wo sie unter anderem ihre Kenntnis über das perfekt pochierte Ei erweitern konnte. 2014 erhielt sie ein Stipendium am Künstlerhaus Bethanien in Berlin und entdeckte daß Schnellkochnudeln unter Jugendlichen in Berlin gerne roh als Pausensnack gegessen werden und 2015 verbrachte sie drei Monate im Seoul Art Space Geumcheon, in Süd-Korea wo sie sich mit der Zusammensetzung von Schnellkochnudeln und den angsammelten sozial-Skulpturen von Liebesschlössern an öffentlichen Plätzen befasst hat.