Der programmatische Titel »Zeichnungen« lässt erkennen, dass es Bastian Muhr in seiner Arbeit nicht im klassischen Sinn um konkrete Darstellungsweisen im Medium der Zeichnung geht. Im Mittelpunkt steht der direkte Prozess des Zeichnens als Aktion. »Fertig ist es, wenn die Fläche voll ist« so ein Zitat aus einem Gespräch mit dem Medientheoretiker Prof. Dieter Daniels. In dieser Hinsicht ist es spannend, inwieweit eine Stadt wie New York überhaupt Einfluss auf ein scheinbar hermetisch abgeschlossenes Werk nehmen kann.
Doch Bastian Muhr radikalisiert mit seinen Zeichnungen den Begriff des Bildraums und wirft Fragen nach dessen Grenzen und Beschaffenheit auf. Den äusserst filigranen, abstrakten Zeichnungen liegt ein systematisches Vorgehen zu Grunde. Den Entstehungsprozess seiner Arbeit überlässt er einer Kombination von Systematik und Zufall. Ein profaner Würfel kann Entscheidungsmittel seiner großformatigen Bleistift und Buntstiftzeichnungen sein.
Konsequent wird in anderen, raumgreifenden Arbeiten der Bildraum des Papiers auf die Architektur des Ausstellungsraumes erweitert: Die über mehrere Wochen ausgeführten großformatigen Wand- oder Bodenzeichnungen integrieren sich dezent in die spezifische Ausprägung des Raumes.
Für Junge Kunst e.V. wählt Bastian Muhr darüber hinaus eine weitere, jüngst entwickelte Präsentationsform für seine Arbeit. In eigens für seine Blätter individuell gebauten Vitrinen werden seine neuesten Zeichnungen präsentiert. Die Leserichtung eines Bildes wird aufgehoben. Es gibt kein oben und unten, rechts oder links.
Bastian Muhr geht es um nichts anderes, als um die Sache selbst, das eigene Tun, den unmittelbaren und obsessiven Prozess und das autonome Ergebnis: Das Zeichnen selbst steht im Mittelpunkt seiner Arbeit.
Bastian Muhr wurde 1981 in Braunschweig geboren. 2013 Meisterschülerabschluss an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig in der Klasse für Malerei bei Annette Schröter.2013 erhielt er den Kunstpreis der 20. Leipziger Jahresausstellung und war 2015 Stipendiat am International Studio & Curatorial Program (ISCP) in New York. Ab 23. Juni 2016 präsentiert er seine Arbeit im Projektraum des Kunstmuseum Wiesbaden. Seine Werke sind u.a. in den Sammlungen der Staatlichen Museen zu Berlin (Kupferstichkabinett), im Museum der Bildenden Künste Leipzig sowie in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (Kunstfonds) vertreten.
© Caroline Hake